Sehr geehrte Damen und Herren,
nichts ist, wie es einmal war. Das Corona-Virus hat innerhalb von nur 3 Monaten weltweit alles auf den Kopf gestellt. Ich möchte die allgemein bekannten Fakten nicht nochmals aufzählen. Die wichtigen Fragen, die uns in den nächsten Monaten noch beschäftigen werden, sowohl gesundheitlich – aber auch wirtschaftlich, sind :

  • Kommt eine zweite oder gar dritte Welle ?
  • Was passiert in den Ländern von denen bisher nur unzureichend Zahlen bekannt sind ? (Afrika, Indien)
  • Wann wird der herbeigesehnte Impfstoff verfügbar sein ?
  • Welche Auswirkungen werden die Lock- und Shutdowns mittel- und langfristig auf die Wirtschaft haben ?
  • Wie werden sich die Arbeitslosenzahlen entwickeln ?

Die Börsen weltweit sind schon wieder zum „business as usual“ zurückgekehrt und nähern sich den Höchstständen vor der Corona-Krise. In meinen Augen sind die Börsenkurse rein liquiditätsgetrieben und haben in keinster Weise etwas mit den Unternehmensergebnissen zu tun. Die kommenden Quartalsberichte der börsennotierten Unternehmen werden eine klare Sprache sprechen. Hiervon ausklammern möchte ich die Unternehmen, die von der Krise profitieren, z.B. Amazon oder die Pharmabranche.
Viele kleine und mittelständische Unternehmen werden diese Krise nicht überstehen, da weder systemrelevant noch vom Staat gestützt, wie z.B. Lufthansa – oder keinen Zugang zu denen vom Staat angebotenen Hilfsprogramme/-kredite haben. Besonders betroffen ist die Gastronomie, aber auch Bars und Pubs. Letztere sind für viele Craft-Brewer die einzige Absatzstätte, besonders in den USA.

Natürlich hat der Konsum in den eigenen 4 Wänden zugenommen, aber dies kann die verlorenen Umsätze in den Monaten März bis Mai und deren Folgen nicht kompensieren, zumal auch die Deckungsbeiträge der Brauereien bei Flaschenbier niedriger sind als bei den Gastro-Hektos. Auch die Absage aller Großveranstaltungen wird ihre Spur in den Absatzzahlen für das Jahr 2020 hinterlassen.

Die schlechten Umsätze am Biermarkt sind den Zahlen des Deutschen Brauerbundes zu entnehmen. Das im Bundesgebiet aufgelaufene Minus bei Bier liegt per Ende Mai bei -7,8 %, gerechnet gegen den gleichen Vorjahreszeitraum. Diese schlechten Ausstoßzahlen schlagen bis zu den Mälzereien durch, die auf hohen Gersten- und, mangels Abrufe der Brauereien, Malzbeständen sitzen. Zusätzlicher Druck kommt auf die Mälzer durch die in den nächsten Wochen anstehende Winter- und Sommergerstenernte 2020 zu. Ein Preisverfall für Gerste und Malz hat eingesetzt.

Auf den Hopfenmarkt gehe ich nachstehend detailliert ein.

Rückblick Ernte 2019 :

Hier nochmals die Zahlen der Endabwaage Ernte 2018, Schätzung Ernte 2019 und die Endabwaage Ernte 2019 im Vergleich :

Anbaugebiet Ergebnis Ernte 2018 Schätzung Ernte 2019 Ergebnis Ernte 2019
       
Hallertau 36.554,78 T 39.400,00 T 41.484,17 T
Tettnang 2.075,07 T 2.571,80 T 2.909,75 T
Elbe Saale 2.488,49 T 3.213,52 T 3.326,79 T
Spalt 631,34 T 617,50 T 706,93 T

Rheinpfalz /

Bitburg

44,59 T 45,90 T 44,58 T
Deutschland 41.794,27 T 45.848,72 T 48.472,22 T
  • Die Anbaufläche im Bundesgebiet vergrößert sich von E18 zu E19 um rund 270 ha auf nunmehr 20.417 ha.
  • Die Alphawerte bewegten sich um den 10-jährgen Durchschnitt.
  • Die Alphasäureklausel kam bei keiner Aromasorte zur Anwendung.

Die Anbaufläche im Bundesgebiet für die Ernte 2020 legte erneut um ca. 290 ha zu und beläuft sich nun auf weiterhin hohem Niveau bei 20.706 ha. Weiter zulegen konnten die beiden Hauptaromasorten Hallertauer Tradition und Perle. Bei den Bitterhopfen erneut Herkules. Den prozentual stärksten Zuwachs erfuhr Polaris von 275 ha auf 340 ha. Verglichen mit den mittlerweile 6.717 ha Herkules spielt Polaris nur eine untergeordnete Rolle, obschon im Alphasäuregehalt deutlich über dem Herkules liegend. Reduziert wurden die Anbauflächen der deutschen Flavoursorten Hüll Melon und Mandarina Bavaria sowie die aus den USA importierte Sorte Amarillo. Die Anbaufläche bei Magnum reduzierte sich um 2% auf 1.916 ha.

Bisheriger Witterungsverlauf Ernte 2020 :

Nach einem erneut milden Winter 2019 versorgte lediglich der Monat Februar die Böden mit ausreichend Feuchtigkeit. Die Monate März, April und Mai sind erneut zu trocken. Etwas Entspannung gab es mit einigen Regentagen in den ersten beiden Juniwochen. Dies reicht aber bisher nicht aus, um das Defizit aus den Vormonaten auszugleichen.

Engpass Saisonarbeitskräfte :

Die Hopfenpflanzer hatten mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Auf Grund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Reisebeschränkungen fehlten Saisonarbeitskräfte bei den Frühjahrsarbeiten im Hopfen. Gemeistert werden konnte die Situation durch gegenseitige Unterstützung der Hopfenpflanzer aber auch externe Freiwillige aus Schulen, Universitäten und der Bevölkerung. Der Verband deutscher Hopfenpflanzer organisierte Flüge für Arbeitskräfte aus Osteuropa, die Hopfenhandelsfirmen stellten ebenfalls Arbeitskräfte zur Verfügung. Gemeinsam konnten die Arbeiten erfolgreich durchgeführt werden. Die amerikanischen Hopfenpflanzer konnten, wider Erwarten und nur mit besonderen Auflagen, auf mexikanische Saisonarbeitskräfte zurückgreifen.

Spotmarkt Ernte 2019 und frühere Ernten :

Aus der Ernte 2019 sind noch fast alle US- und deutsche Flavourhopfen verfügbar, lediglich die Verfügbarkeit von Citra und Mosaic ist eingeschränkt.
Deutsche Aromahopfen, auch Edelaromahopfen wie Tettnanger, Spalter oder Saazer sind noch verfügbar.
Die Bestände bei Bitter- und Hochalphahopfen sind überschaubar. Ähnlich verhält es sich mit Hopfenprodukten früherer Ernten.

Ausblick Ernte 2020 :

Deutschland + USA :

Aktuell ist es nicht möglich, die Marktlage annähernd korrekt einzuschätzen. Im Juni ist es noch zu früh um Tendenzen zum Hektarertrag und den Alphawerten vorherzusagen. Auch muss abgewartet werden, wie sich zum Zeitpunkt der Hopfenernte die Situation am Arbeitsmarkt der Saisonarbeitskräfte darstellt.

Des Weiteren ist noch nicht abschätzbar, wie hoch der Bierausstoß in Deutschland – aber auch weltweit – unter den Restriktionen des Coronavirus leidet und wie hoch das Minus am Ende des Jahres ausfallen wird. Erst hieraus lässt sich ableiten, welche Hopfenmengen aus der Ernte 2020 schlussendlich benötigt werden.

Der Großteil der Brauereien dürfte auf diesem Ausstoßniveau und den bestehenden Vorkontrakten gut gedeckt sein.

Vorkontraktmarkt Ernten 2020ff :

Die Vorkontraktquoten zwischen Hopfenpflanzer und Hopfenhandel für die Ernten 2020 bis 2022 bewegen sich auf einem sehr hohen Niveau, sowohl was die Mengen als auch die Preise betrifft. Ab der Ernte 2023 sinken die Vorkontraktquoten und Preise. Zuletzt wurden Kontrakte bis Ernte 2030 abgeschlossen. Aus heutiger Sicht dürften die Preise für diese „Langläufer“ zu hoch gewesen sein.

In eigener Sache :

Die BRAU BEVIALE soll vom 10. – 12.11.2020 in Nürnberg stattfinden. Wie das Konzept und die Vorschriften aussehen werden, entzieht sich zur Zeit noch unserer Kenntnis. Wir haben deshalb noch keine Entscheidung über unsere Teilnahme gefällt. Sollten weitere Lockerungen eintreten, können wir uns eine Teilnahme vorstellen. Aus den Reihen des Messeveranstalters ist aber bereits durchgesickert, dass die Messe nur in 3 Hallen stattfinden soll und große Aussteller ihre Teilnahme bereits abgesagt haben. Von daher muss abgewartet werden, ob unser Gemeinschaftsstand „Team for Brewers“ wieder an gewohnter Stelle in der Halle 1 Stand 101 steht.

Ich werde Sie mit meinen Marktberichten auf dem Laufenden halten. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne jeder Zeit telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Angestellten Gesundheit, Ihrem Unternehmen gute Umsätze.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Rudolf Eisemann

(T.: +49 6226 – 4353 | E.: re@eisemann.de)

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